scroll down

Rechtsanwaltskanzlei BÖRGERS, Fachanwälte für Baurecht, Architektenrecht, Immobilienrecht, Vergaberecht, Grundstücksrecht und Mietrecht - Berlin, Hamburg, Stuttgart Rechtsanwaltskanzlei BÖRGERS, Fachanwälte für Baurecht, Architektenrecht, Immobilienrecht, Vergaberecht, Grundstücksrecht und Mietrecht - Berlin, Hamburg, Stuttgart

BGH: Aufklärungspflichten des Immobilienverkäufers bei Einrichtung eines Datenraums
Immobilienrecht

BGH: Aufklärungspflichten des Immobilienverkäufers bei Einrichtung eines Datenraums

Bei größeren Immobilientransaktionen ist es üblich einen virtuellen Datenraum zu eröffnen, in den alle für das Kaufobjekt und den beabsichtigten Kaufvertrag relevanten Dokumente eingestellt werden, und die der Käufer dann im Rahmen seiner „due diligence“ – Prüfung auswertet.

Wie sich aus einer gerade bekannt gewordenen Entscheidung des unter anderem für Immobilienkaufverträge zuständigen 5. Zivilsenats des BGH ergibt (Urteil vom 15.09.2023, V ZR 77/22), darf aber der Verkäufer auch bei solchen Transaktionen nicht einfach davon ausgehen, dass er durch das Einstellen von Unterlagen in den Datenraum bereits alle vorvertraglichen Aufklärungspflichten gegenüber seinem Vertragspartner erfüllt hat. Enthalten diese Unterlagen Informationen, von denen der Verkäufer annehmen muss, dass sie dem Käufer möglicherweise noch nicht bekannt sind, für seine Kaufentscheidung aber von Bedeutung sein werden (z.B. über anstehende Baumaßnahmen in erheblichem Umfang), genügt das Einstellen in den Datenraum (ohne ergänzende Hinweise bzw. Erläuterungen) nur dann, wenn der Verkäufer aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen nicht nur zum Zweck allgemeiner Information, sondern unter einem bestimmten Gesichtspunkt gezielt durchsehen wird.

Diese Voraussetzung wird in der Praxis sehr häufig nicht erfüllt sein, und der Verkäufer sollte sich hierauf nicht verlassen, sondern den Käufer über das Einstellen wesentlicher Dokumente in den Datenraum informieren und dabei auch den Inhalt stichwortartig benennen. Er darf vor allem nicht insgeheim darauf zu „spekulieren“ versuchen, dass der Käufer den Inhalt des Dokuments nicht zur Kenntnis nimmt. Wenn Raum für eine derartige Spekulation besteht, steht damit im Grunde bereits fest, dass eine Aufklärungspflicht bestanden hat, und dass für deren Erfüllung das Einstellen in den Datenraum nicht ausreichend war.

„Einstellung von Dokumenten
in den Datenraum
genügt häufig nicht.“
BGH, Urteil vom 15.09.2023, V ZR 77/22

Der Sachverhalt

In dem der BGH – Entscheidung zugrundeliegenden Fall waren in einem notariellen Kaufvertrag über mehrere Gewerbeeinheiten in einem Gebäudekomplex (Einheiten aufgeteilt nach WEG) übliche Klausel zum Ausschluss der Sachmängelhaftung sowie – ebenfalls übliche – Versicherungen der Verkäuferin enthalten,

  • dass keine Beschlüsse gefasst seien, aus denen sich eine künftig fällig werdende Sonderumlage ergebe;
  • dass nach ihrer Kenntnis außergewöhnliche, durch die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckte Kosten im laufenden Wirtschaftsjahr nicht angefallen seien, und
  • dass ihr auch nicht bekannt sei, dass solche Kosten bevorstünden oder weitere Sonderumlagen beschlossen worden seien.

Im Kaufvertrag war außerdem die Erklärung enthalten, die Käuferin habe dem Käufer die Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten drei Jahre übergeben, und der Käufer habe Kenntnis von dem Inhalt dieser Unterlagen. Die Parteien hatten einen virtuellen „Datenraum“ eingerichtet. In diesen stellte die Verkäuferin an einem Freitag – ohne dies dem Käufer anzukündigen oder nachträglich mitzuteilen oder ihm sonst einen Hinweis auf den Inhalt der Unterlage zu geben – das Protokoll einer Eigentümerversammlung ein, aus dem sich ergab, dass die Eigentümergemeinschaft bauliche Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum – mit einem Umfang von ca. 50 Mio. Euro – durchführen lassen wollte. Auf eine Sonderumlage war allerdings verzichtet worden. Die Eigentümergemeinschaft ging nämlich (jedenfalls mehrheitlich) davon aus, dass die Baumaßnahmen von einem früheren Mehrheitseigentümer zu finanzieren seien. Dieser sollte daher zunächst auf Zahlung verklagt werden. Dieser Beschluss jedoch war von einem Miteigentümer mit dem Ziel angegriffen worden, die sofortige Erhebung einer Sonderumlage von den Miteigentümern durchzusetzen.

Dieses Verfahren endete nach Abschluss des Kaufvertrages und Eintragung des Käufers als Eigentümer mit einem Vergleich, demzufolge von den Eigentümern der Gewerbeeinheiten eine Sonderumlage von zunächst 750.000 Euro, und bei Bedarf bis zu 50 Mio. Euro zur Durchführung der beabsichtigten baulichen Maßnahmen erhoben werden sollte. Der Kaufvertrag war an dem auf das Einstellen des Protokolls in den Datenraum folgenden Montag geschlossen worden.

Die Entscheidung

In diesem Fall bestand eine Aufklärungspflicht der Verkäuferin im Hinblick auf die anstehenden baulichen Maßnahmen, den hierzu gefassten Beschluss und das von einem Miteigentümer anhängig gemachte gerichtliche Verfahren. Zur Erfüllung der Aufklärungspflicht genügte allein das Einstellen des Protokolls in den Datenraum nicht. Der Käufer konnte berechtigter Weise nicht davon ausgehen, dass der Käufer das Protokoll vor Abschluss des Kaufvertrages noch zur Kenntnis nehmen und seine Bedeutung erfassen würde.

Der aus der Verletzung der Aufklärungspflicht resultierende Schadensersatzanspruch ist darauf gerichtet, den Käufer so zu stellen, wie er ohne die Pflichtverletzung der Verkäuferin wirtschaftlich gestanden hätte. Dies kann im Ergebnis (wenn der Käufer in Kenntnis des Umstandes, auf den er nicht in ausreichender Weise hingewiesen wurde, den Kaufvertrag nicht geschlossen hätte) zur Rückabwicklung des Vertrages führen.

Da nach Auffassung des BGH der Sachverhalt durch das Berufungsgericht noch nicht hinsichtlich sämtlicher entscheidungserheblicher Fragen geklärt war (insbesondere im Hinblick darauf, ob möglicherweise der Käufer doch schon auf andere Weise als über den Datenraum über die bevorstehenden Baumaßnahmen informiert war), entschied der BGH nicht in der Sache, sondern verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück. Sollte sich im weiteren Verfahren aber nichts Neues ergeben, wird es im Ergebnis wohl dabei bleiben, dass dem Käufer ein Schadensersatzanspruch zusteht, der hier auf die Rückgängigmachung des Kaufvertrages gerichtet ist.

Christoph Stroyer, Notar von Börgers Rechtsanwälte Berlin|Hamburg|Stuttgart

Christoph Stroyer
Notar

Als Notar beschäftigt sich 
Christoph Stroyer am liebsten mit 
Immobilien­transaktionen und 
Gesellschafts­strukturierungen.

Christoph Stroyer folgen:
Logo LinkedIn - hier klicken, um das Linked-In-Profil von Christop Stroyer in einem neuen Fenster zu öffnen
Notartermin jetzt vereinbaren
Blogthema Börgers Rechtsanwaltskanzlei Berlin
Immobilienrecht
BGH: Aufklärungspflichten des Immobilienverkäufers bei Einrichtung eines Datenraums

Bei größeren Immobilientransaktionen ist es üblich einen virtuellen Datenraum zu eröffnen, in den alle für das Kaufobjekt und den beabsichtigten Kaufvertrag relevanten Dokumente eingestellt werden, und die der Käufer dann im Rahmen seiner „due diligence“ – Prüfung auswertet.

weiter lesen

Blogthema Börgers Rechtsanwaltskanzlei Berlin
Immobilienrecht
BGH zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels durch Beschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

weiter lesen

Blogthema Börgers Rechtsanwaltskanzlei Berlin
Immobilienrecht
Der Architektenvertrag als „Fernabsatzvertrag“

Eine kürzlich online veröffentlichte Entscheidung des LG Frankfurt/Main (Urt. vom 26.06.2023 – 2-26 O 144/22) beleuchtet beispielhaft Probleme, die sich ergeben können, wenn ein Architekt einen Architektenvertrag mit einem „Verbraucher“ – Auftraggeber ausschließlich telefonisch, per Email oder in vergleichbarer Weise „digital“ schließt:

weiter lesen

Blogthema Börgers Rechtsanwaltskanzlei Berlin
Immobilienrecht
Unwirksame Reservierungsvereinbarungen; „Lohnunwürdigkeit“ wegen „verzerrter Darstellung der Rechtslage“

Eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main (Urt. vom 30.10.2023 – 2-10 O 359/22) demonstriert zum einen die praktischen Auswirkungen einer Grundsatzentscheidung des BGH aus dem letzten Jahr (Urt. vom 20.04.2023 – I ZR 113/22) zur Unwirksamkeit von Reservierungsvereinbarungen, und verdeutlicht zum anderen das Risiko des Verlustes des Provisionsanspruches wegen unrichtiger bzw. „verzerrender“ Darlegungen der Rechtslage durch den Makler gegenüber seinen oder gegenüber einem seiner Auftraggeber.

weiter lesen

Blogthema Börgers Rechtsanwaltskanzlei Berlin
Immobilienrecht
BGH: Arglisthaftung und Umfang der Aufklärungspflichten des Verkäufers

Der 5. Zivilsenat des BGH hat mit einer Entscheidung vom 27.10.2023 (V ZR 43/22) seine Rechtsprechung zum Umfang der Aufklärungspflichten und zur Arglisthaftung des Verkäufers präzisiert:

weiter lesen

Blogthema Börgers Rechtsanwaltskanzlei Berlin
Nachfolge
„Digitaler Nachlass“: Vererbung und (Vorsorge-) Vollmacht

Es war lange streitig, ob Email-Konten, Konten in sozialen Netzwerken und vergleichbarer „digitaler Nachlass“ im Falle des Todes des Kontoinhabers auf den/die Erbin/Erben übergeht. Diese Streitfrage hat der BGH im Jahre 2018 grundlegend entschieden, und zwar in der Weise, dass auch der „digitale Nachlass“ vererblich ist (BGH NJW 2018, 3178). 

weiter lesen

Blogthema Börgers Rechtsanwaltskanzlei Berlin
Nachfolge
OLG München: Überlassung eines Grundstücks zu Miteigentum an Minderjährigen – Ergänzungspfleger erforderlich

Lebzeitige Übertragungsverträge – meist „in vorweggenommener Erbfolge“ – sind aus unterschiedlichen Motivlagen sehr häufig. Eine gerichtliche Entscheidung und zwei Gutachten des Deutschen Notarinstituts beleuchten einige typische Fragestellungen dieser Verträge.

weiter lesen

Blogthema Börgers Rechtsanwaltskanzlei Berlin
Immobilienrecht
OLG Hamm: Keine Nachweispflichten des Maklers aufgrund von § 656c BGB

Das OLG Hamm hat sich in einem Beschluss vom 22.02.2023 (18 U 6/23) mit der Frage beschäftigt, ob ein Grundstückskäufer vom Makler einen Nachweis verlangen kann, dass der Verkäufer (entsprechend § 656c BGB) die andere Hälfte der Maklerprovision gezahlt hat.

weiter lesen

Nachfolge
Transmortale Vollmacht des Alleinerben (OLG Nürnberg)

Seit langem ist umstritten, durch wen, wem gegenüber, und wie lange von einer „transmortalen“ Vollmacht nach dem Tod des Vollmachtgebers noch Gebrauch gemacht werden kann, insbesondere, wenn die Bevollmächtigte zugleich Mit- oder gar Alleinerbin wird. Der BGH hat diese Frage bisher nicht entschieden; in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zeichnet sich inzwischen aber eine deutliche Tendenz ab, der sich nunmehr auch das OLG Nürnberg anschließt (Beschluss vom 25.03.2024 – 15 Wx 2176/23).

weiter lesen

Die neue niedersächsische „Umbauordnung“: Eine Pionierleistung zur Vereinfachung von Umbaumaßnahmen

Es ist ein Dilemma: Einerseits leben wir in einer Zeit, in der Wohnungsnot zu einem immer drängenderen sozialen Problem wird, so dass ein (bisher allerdings bei weitem nicht erreichtes) Hauptanliegen der Politik darin besteht, ausreichend neuen Wohnraum entstehen zu lassen. Andererseits rücken die ökologischen Kosten des Bauens  – unter anderem (aber nicht ausschließlich; es geht z.B. auch um Probleme der fortschreitenden Versiegelung von Boden und um Umweltbelastungen durch Baumaterialien und deren Entsorgung) durch den ausgesprochen hohen Beitrag des Bauens zu den für den Klimawandel verantwortlichen CO2 – Emissionen immer mehr in den Blick. Wir müssen also, wenn Klimaschutzziele eingehalten werden sollen, die CO2-Belastung der Atmosphäre nicht nur durch den Betrieb von Gebäuden (Stichwort: Wärmeerzeugung), sondern auch durch das Bauen selbst drastisch reduzieren. Als ein möglicher Weg aus diesem Dilemma heraus – zumindest aber zur Reduzierung des Problems – gilt es, neuen Wohnraum nicht durch Neubau zu schaffen, sondern durch Umbau, Ausbau, Aufstockung und Umnutzung vorhandener Gebäude. Viele Verbände und Expertinnen beklagen seit langem, dass Umbaumaßnahmen bei uns durch Überregulierung zu kompliziert und zeitaufwendig, teuer und mit zu hohem Haftungsrisiken für die auf Planungs- und Ausführungsseite Beteiligten verbunden seien.

weiter lesen

Blogthema Börgers Rechtsanwaltskanzlei Berlin
Entwurf des „Gebäudetyp E – Gesetzes“

Gebäudetyp E

Der „Gebäudetyp E“ (wobei das „e“ sowohl für „einfach“ als auch für „experimentell“ steht) geht auf eine Initiative der Bayrischen Architektenkammer zurück. Das Ziel besteht darin, fachkundigen Bauherrn und Planenden zu ermöglichen, „ihr Projekt auf den eigentlichen Kern der Schutzziele der Bayerischen Bauordnung (Standsicherheit, Brandschutz, gesunde Lebensverhältnisse und Umweltschutz) zu reduzieren, verzichtet werden kann dagegen auf darüberhinausgehende Normen und Standards“ (https://www.byak.de/gebaeudetyp-e.html). Für die Schutzziele der Bauordnungen der anderen Bundesländer gilt dies natürlich in gleicher Weise. Neben der Beschleunigung und der Kostensenkung dient die Einführung des „Gebäudetyps E“ (womit allerdings in Wirklichkeit kein eigener technisch spezifizierter Gebäudetyp gemeint ist) auch dem Ziel der Nachhaltigkeit, indem der Ressourcenverbrauch reduziert, das Bauen im Bestand erleichtert und innovatives Bauen (insbesondere im Hinblick auf ressourcenschonendere und weniger emissionsintensive Baumaterialien und –verfahren) befördert werden soll.

weiter lesen

Blogthema Börgers Rechtsanwaltskanzlei Berlin
BGH: Wirksamkeit von „Weitergabeklauseln“ in Übertragungsverträgen

Menschen, die Vermögenswerte – in der Regel Immobilien – schon zu Lebzeiten in die nächste Generation übertragen, haben häufig ein Interesse daran sicherzustellen, dass der Übertragungsgegenstand (das Grundstück) im Familienbesitz (meistens zudem „in gerader Linie“) bleibt. Verbreitet sind daher Klauseln, die dem Schenker das Recht einräumen, die Rückübertragung des Grundstücks zu verlangen, sollte der Beschenkte es – ohne Zustimmung des Schenkers - an einen Dritten veräußern oder unentgeltlich übertragen (und die Durchsetzung dieses Rechts durch eine Vormerkung im Grundbuch abzusichern). Einen Schritt weiter gehen „Weitergabeklauseln“. Durch sie soll sichergestellt werden, dass der Übertragungsgegenstand nicht nur zu Lebzeiten des Beschenkten, sondern darüber hinaus im „Familienbesitz“ bleibt. Der Beschenkte wird verpflichtet, den Übertragungsgegenstand zu seinen Lebzeiten, spätestens mit seinem Tod, (z.B.) an seine eigenen Kinder zu übertragen. Problematisch sind solche Klauseln, weil sie in Widerspruch zu Grundsätzen der Testierfreiheit geraten können: Die Freiheit, in der einen oder anderen Weise letztwillig zu verfügen (oder nicht zu verfügen) kann nicht wirksam vertraglich eingeschränkt werden. Dass Weitergabeklauseln grundsätzlich zulässig sind, und wie sie ausgestaltet sein müssen, hat der BGH in einem Urteil vom 28.11.2023 (Az.: X ZR 11/21) geklärt.

weiter lesen

Das Notariat der Kanzlei BÖRGERS ist seit mehr als 20 Jahren umfassend tätig und steht Ihnen gern mit fachkundigem Rat zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns gern telefonisch oder per E-Mail.