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BGH zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels durch Beschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
Immobilienrecht

BGH zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels durch Beschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Der Sachverhalt

Zu einer Wohnungseigentumsanlage gehört eine Tiefgarage mit zwanzig Kfz – Doppelparkeranlagen („Doppelparker“). Nach der Teilungserklärung sind grundsätzlich alle Erhaltungskosten nach den jeweiligen Miteigentumsanteilen von sämtlichen Wohnungs- bzw. Teileigentümern zu tragen. Ein Teileigentümer, dem 4 Doppelparker in der Anlage gehören, verlangt von der WEG die Durchführung notwendiger Reparaturarbeiten an den Doppelparkern. Die Eigentümerversammlung fasst daraufhin den Beschluss, den Verteilungsschlüssel in der Weise zu ändern, dass die Kosten für etwaige Sanierungs-, Reparatur-, Unterhaltungs- und Modernisierungsarbeiten an den Doppelparkern allein von deren Teileigentümer gemeinschaftlich zu tragen sind.
Der Eigentümer, dem die Doppelparker gehören, erhebt gegen diesen Beschluss Anfechtungsklage. 

Rechtliche Ausgangslage; das Problem des Falls

Grundlage des angefochtenen Beschlusses ist § 16 Abs. 2 WEG. Diese Vorschrift lautet in der seit dem 01.12.2020 geltenden Gesetzesfassung: „Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlchen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils … zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen“. 
Für die neue Rechtslage bisher ungeklärt war aber, wie weit diese Beschlusskompetenz der Gemeinschaft der Eigentümer geht. Insbesondere: Ist es zulässig, durch den Beschluss bestimmte Wohnungs-/Teileigentümer erstmalig zur Kostentragung heranzuziehen, und ist  es umgekehrt zulässig, Wohnungs-/Teileigentümer, die nach der satzungsmäßigen Kostenverteilungsregelung Kosten zu tragen hätten, hiervon vollständig freizustellen?

Für die bis zum 30.11.2022 geltende Rechtslage hatte der BGH entschieden, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft durch Beschluss (also ohne Änderung der Satzung) lediglich befugt sei, im Rahmen einer dem Grunde nach bestehenden Kostentragungsverpflichtung einen anderen Verteilungsmaßstab zu beschließen. Eine Veränderung des Kreises der Kostenschuldner war demnach nach altem Recht von der Beschlusskompetenz nicht umfasst. 

Die Frage, ob dieser Grundsatz auch für das neue Recht fortgelte, war bisher umstritten. 

Die Entscheidung des BGH

Nunmehr hat der BGH (Urt. vom 22.03.2024 – V ZR 81/23) entschieden, dass das nicht der Fall sei. Nach neuem Recht sei die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in einem umfassenderen Sinne befugt, eine von dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung zu beschließen. Das gelte auch dann, wenn dadurch der Kreis der Kostenschuldner verändert werde, indem Wohnungseigentümer von der Kostentragung gänzlich befreit oder umgekehrt erstmals mit Kosten belastet würden. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der jetzigen Gesetzesfassung und entspreche auch dem erklärten Willen des Gesetzgebers, die Spielräume der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hinsichtlich der Kostenverteilung zu erweitern. Eine Grenze der Beschlusskompetenz sieht der BGH offenkundig nur bei einer „generellen Änderung des Kostenverteilungsschlüssels“ erreicht, also wenn ein vereinbarter Verteilungsschlüssel nicht lediglich in bestimmter Hinsicht korrigiert, sondern ein völlig neuer Verteilungsschlüssel beschlossen werden soll. (Auch diese Abgrenzung könnte allerdings im Einzelfall sicherlich schwierig sein.)

Der Maßstab der „ordnungsgemäßen Verwaltung“

Dies bedeutet nun aber nicht, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beliebige Kostenverteilungsschlüssel beschließen könnte – so dass z.B. in einer zerstrittenen WEG die Mehrheit die Minderheit willkürlich mit Kosten belasten könnte. Wie alle anderen Beschlüsse auch gilt für den Beschluss zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels der Maßstab der „ordnungsgemäßen Verwaltung“. Entspricht ein solcher Beschluss nicht den Anforderungen der ordnungsgemäßen Verwaltung, ist er allerdings nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar. Der Maßstab der „ordnungsgemäßen Verwaltung“ lässt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen weiten Ermessensspielraum. Es soll weniger sein als der Maßstab des „sachlichen Grundes“. Die Wohnungseigentümer dürften vielmehr jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führe. An die Auswahl dürften keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. 

Schlussfolgerungen für den zu entscheidenden Fall

Bezogen auf den konkret zu entscheidenden Fall bedeutet dies aus Sicht des BGH: Wenn es um Teile des Gemeinschaftseigentums geht, die nur von bestimmten Eigentümern genutzt werden können, entspricht es den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, die Kosten dieser Teile des Gemeinschaftseigentums (wie hier die „Doppelparker“) nur von denjenigen Eigentümern tragen zu lassen, die diese nutzen können (die Eigentümer der Doppelparker).

Der BGH entscheidet somit, dass es – wie vorliegend – auch ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen kann, nach der bisherigen Kostenverteilungsregelung (mit-)belastete Eigentümer für die Zukunft vollständig zu befreien – mit der Folge, dass die übrigen Miteigentümer entsprechend stärker belastet werden. Offen gelassen wird die Frage, ob auch der umgekehrte Vorgang ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen kann: Wenn also bisher nicht belastete Eigentümer erstmalig mit Kosten belastet werden sollen. Logisch wäre es aber wohl, auch diese Frage zu bejahen.

Zulässigkeit von „Einzelfallbeschlüssen“

In einer weiteren Entscheidung vom selben Tage hat der BGH (Urteil vom 22.03.2024 – V ZR 87/23) für die seit dem 01.12.2020 geltende Rechtslage – ebenfalls abweichend von der Rechtsprechung für die bis dahin geltende Rechtslage – entschieden, dass eine abweichende Kostenverteilung auch für den Einzelfall beschlossen werden kann; sie muss also nicht generalisiert werden, so dass sie auch für künftige, vergleichbare Fälle in gleicher Weise gilt. Der hier entschiedene Fall betraf den Umlageschlüssel für die Kosten der Sanierung von Dachflächenfenstern, die sich ausschließlich im Bereich der Wohnung eines Mitglieds der Wohnungseigentümergemeinschaft befanden. Maßgebliches Kriterium bleibt auch insoweit das der „ordnungsgemäßen Verwaltung“. Und auch hier gilt: Wenn eine Erhaltungsmaßnahme am Gemeinschaftseigentum ausschließlich im Bereich eines Wohnungseigentümers betrifft, entspricht es ordnungsgemäßer Verwaltung zu beschließen, dass nur dieser Eigentümer die Erhaltungskosten zu tragen hat.

Schlussfolgerungen für die Gemeinschaftsordnung

Für die Gestaltung der Gemeinschaftsordnung im Rahmen der Aufteilung des Eigentums an einem Grundstück in Wohnungseigentum bedeutet das, dass überlegt werden sollte, ob diese weitgehende Beschlusskompetenz gewünscht ist. Abweichende Vereinbarungen in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung (im Sinne eines stärkeren „Minderheitenschutzes“) sind möglich. Denkbar (aber vielleicht auch zu unflexibel) wäre es, Veränderungen des in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Kostenverteilungsschlüssels durch Beschluss ganz auszuschließen. Daneben kommen aber auch verschiedene andere, weniger „drakonische“ Abweichungen von der geltenden Rechtslage in Betracht, z.B. das Erfordernis qualifizierter Mehrheiten für solche Beschlüsse, der Ausschluss von Beschlüssen, die nicht generell, sondern nur für einen konkreten Einzelfall gelten sollen, oder ein abweichender Maßstab für die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit entsprechender Beschlüsse (z.B. „sachlicher Grund“ statt „ordnungsgemäße Verwaltung“).

Christoph Stroyer, Notar von Börgers Rechtsanwälte Berlin|Hamburg|Stuttgart

Christoph Stroyer
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BGH: Wirksamkeit von „Weitergabeklauseln“ in Übertragungsverträgen

Menschen, die Vermögenswerte – in der Regel Immobilien – schon zu Lebzeiten in die nächste Generation übertragen, haben häufig ein Interesse daran sicherzustellen, dass der Übertragungsgegenstand (das Grundstück) im Familienbesitz (meistens zudem „in gerader Linie“) bleibt. Verbreitet sind daher Klauseln, die dem Schenker das Recht einräumen, die Rückübertragung des Grundstücks zu verlangen, sollte der Beschenkte es – ohne Zustimmung des Schenkers - an einen Dritten veräußern oder unentgeltlich übertragen (und die Durchsetzung dieses Rechts durch eine Vormerkung im Grundbuch abzusichern). Einen Schritt weiter gehen „Weitergabeklauseln“. Durch sie soll sichergestellt werden, dass der Übertragungsgegenstand nicht nur zu Lebzeiten des Beschenkten, sondern darüber hinaus im „Familienbesitz“ bleibt. Der Beschenkte wird verpflichtet, den Übertragungsgegenstand zu seinen Lebzeiten, spätestens mit seinem Tod, (z.B.) an seine eigenen Kinder zu übertragen. Problematisch sind solche Klauseln, weil sie in Widerspruch zu Grundsätzen der Testierfreiheit geraten können: Die Freiheit, in der einen oder anderen Weise letztwillig zu verfügen (oder nicht zu verfügen) kann nicht wirksam vertraglich eingeschränkt werden. Dass Weitergabeklauseln grundsätzlich zulässig sind, und wie sie ausgestaltet sein müssen, hat der BGH in einem Urteil vom 28.11.2023 (Az.: X ZR 11/21) geklärt.

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